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Der Kronprinz und sein Tempel
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Entdeckungen über Friedrich II. in Neuruppin
Ingesamt wurde die stattliche Zahl von 40 Friedrich-Orten im Land Brandenburg zum 300jährigen Geburtstag von Friedrich dem Großen aufgelistet. Die Sammlung dieser Orte, zusammengestellt von Kulturland Brandenburg, ist auf der Website von Tourismus Marketing Brandenburg (www.reiseland-brandenburg.de) unter der Überschrift Preußisches Arkadien veröffentlicht (1). Neben solchen bekannten Orten wie Potsdam oder Rheinsberg stehen hier Adressen, die kaum jemand mit Friedrich dem Großen in Verbindung bringt wie Kloster Zinna oder Peitz. Eine spannende Auswahl, die sicher manchen auch zu einer Endeckungsreise auf den Spuren des berühmten preußischen Monarchen einlädt. Ich entscheide mich für das nördlich von Berlin gelegene 90 Kilometer entfernte Neuruppin.
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Junger Friedrich wird Chef eines Regiments
Bevor ich von der Rostocker Autobahn kommend, in das Zentrum der Stadt gelange, werde ich auf der Hauptstraße standesgemäß von einem Fontane-Denkmal empfangen. Der Dichter sitzt lässig auf einer Bank und ruht sich von seinen Wanderungen durch die Mark Brandenburg aus.
Die Geburtstadt des märkischen Dichters wird oft mit seinem Namen verbunden. Das neue moderne Hotel am See trägt seinen Namen, ebenso sein Geburtshaus, die Fontane-Apotheke sowieso und auch die größte Buchhandlung der Stadt.
Von den Erinnerungen an Friedrich den Großen, der sich als Kronprinz von 1732 bis1736 vorwiegend in Neuruppin aufgehalten hat, ist kaum mehr etwas vorhanden. Nach seiner Haft in Küstrin erhielt Friedrich hier von seinem Vater sein erstes freies Kommando über das 15. Infanterieregiment. Der große Brand Jahrzehnte später im Jahr 1787 vernichtete drei Viertel der Stadt und auch fast alles, was an den jungen Friedrich erinnert mit wenigen Ausnahmen: Erhalten geblieben sind zwei Kasernengebäude in der heutigen August Bebel-Straße und der Friedrich Engels-Straße sowie der Tempelgarten mit dem Apollo-Tempel.
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Zurueck | | Der Apollo-Tempel von Knobelsdorff, Tempelgarten mit Gartenhaus | | Weiter |
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Kronprinz war kein früher Prinz Charles
Bis heute haben sich die Neuruppiner den Tempelgarten als ein anmutiges Kleinod der Stadt erhalten. Überall sauber angelegte Wege, gepflegte Blumenrabatten, verschiedene Skulpturen. Hier treffe ich den Wirtschaftshistoriker Dr. Peter Schmidt, einen Landes- und kirchenhistorischen Kenner, der viel über jene königstreue Zeit in Preußen weiß.
Kronprinz Friedrich ließ sich nahe der Stadtmauer an den alten Wallanlagen einen kleinen barocken Garten anlegen und nannte ihn seine „Amalthea“. Dieser Name einer griechischen Nymphe aus der Götterwelt spiegelte seinen Seelenzustand im Verhältnis zu seinem Vater wider.
Sein Freund, der junge Ingenieur-Offizier Knobelsdorff, errichtete darin in seinem Erstlingswerk einen Rund-Tempel mit einer Apollo-Figur. Der Tempel wird zum Treffpunkt des Freundeskreises vom Kronprinzen in der Stadt. Erzählt wurde auch über die Feste im Garten und den Allotria, den die jungen Herren Offiziere mit Schwarzpulver trieben. Damals war in der Stadtmauer zum Wall eine Pforte eingesetzt, durch die der Kronprinz sein Refugium direkt erreichen konnte.
Im Garten wurde für den Kronprinzen Obst angebaut. Sein Leben lang hat Friedrich gern Obst gegessen, war aber keineswegs ein früher Prinz Charles, der womöglich selbst im Garten Hand anlegte. Zur Stadtgeschichte gehört auch, dass der künftige preußische König seine ästhetische Position gegen die Weisungen seines sparsamen Vaters durchsetzte. Er verhinderte, dass der alte Baumbestand auf den Wällen abgeholzt wurde. Bis zum heutigen Tag schmücken viele alte Eichen die Wallanlagen.
Im 19. Jahrhundert wurde Tempel und Garten umgebaut, erhielt durch die neuen Besitzer, die Familie Genz, eine maurisch-orientalische Architektur mit einem Gartenhaus.
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Denkmal für Nachfolger von Friedrich dem Großen
Die Neuruppiner Einwohner haben allerdings nicht Friedrich dem Großen, sondern seinem Nachfolger Friedrich Wilhelm II. im 19. Jahrhundert im Zentrum der Stadt auf dem Schulplatz ein Denkmal gesetzt. Der in Neuruppin geborene Schinkel hat den Entwurf für das Denkmal geschaffen. Es ist heute wieder an seinem früheren Platz zu sehen und erinnert daran, dass der junge Preußenkönig in seinen ersten Regierungsjahren riesige Summen aus dem preußischen Staatsschatz für den Aufbau des abgebrannten Neuruppin zur Verfügung stellte. Niemals wieder wurde in Preußen eine Stadt so gefördert wie Neuruppin.
Im Zeitraum von 20 Jahren entstand eine klassizistisch geprägte preußische Musterstadt mit breiten Straßen, viel Licht und Luft. Es macht mir viel Freude, durch die Stadt zu bummeln, die regelmäßige Stadtanlage mit den Hausfassaden zu betrachten und die Idylle der Seepromenade zu genießen. Übrigens sollte der Apollo-Tempel nebst Garten, mittlerweile durch den Aufbau von Sanssouci in Vergessenheit geraten, bei der neuen Stadtplanung eingeebnet werden. Erst der Einspruch von Friedrich Willhelm II sorgte für die Erhaltung des Tempelgartens.
Menü „Fasan – Friedrich der Große“
Auf die Spur vom Alten Fritz kann der Besucher in Neuruppin auch auf kulinarischem Weg kommen - mit Friedrich-Gerichten. Im Resort Mark Brandenburg direkt am Neuruppiner See steht im Restaurant Parzival ein Friedrich-Menü auf der Speisekarte.
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Resort Mark Brandenburg am See
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Ich habe Glück und treffe den in Neuruppin gebürtigen Küchenchef Matthias Kleber, Teamchef der Nationalmannschaft der Köche Deutschlands, den die rührige langjährige Direktorin Martina Jeschke vor einem halben Jahr unter Vertrag nahm. Er erzählt davon, dass der Verein „Ruppiner Köche“ Anfang des Jahres beschloss, den Gästen Gerichte anzubieten, die der preußische König, der bekanntlich zu den Gourmets seiner Zeit zählte, tatsächlich auf seinem Speiseplan hatte. Insgesamt seien bei den Recherchen 15 Rezepte aufgenommen und in diesem Jahr auf die Karte gekommen.
„Besonders gefragt ist bei unseren Gästen der Wildfasan mit Dörrobst, Semmelknödel, Rotkraut und Rote Beete sowie die königlich preußischen Klopse, die mit Flusskrebsen, Kapern und Sardellen verfeinert werden“, erzählt Matthias Kleber. Ich probiere den Wildfasan und kann nur bestätigen, dass der alte Fritz durchaus ein Feinschmecker war. Nur schwer nachvollziehbar ist für mich, dass die königlichen Mittagstafeln über zwei bis drei Stunden oft zehn bis zwölf Gänge umfassten. Ich bin schon mit drei Gängen „Fasan – Friedrich der Große“ gut gesättigt.
Privates Preußen-Museum auf dem Gut von Husarengeneral Ziethen
Da das Heimatmuseum in Neuruppin wegen Rekonstruktion bis zum Jahresende geschlossen hat, bietet sich ein Besuch des Dorfes Wustrau an, das am Ende des lang gestreckten Neuruppiner Sees liegt.
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Hier in der 800-Seelengemeinde kann der Besucher weiter auf Preußens Spuren wandeln. Denn auf dem Guts-Gelände des ehemaligen Husarengenerals Hans Joachim von Ziethen, der den alten Fritz mit seiner leichten Kavallerie in seinen großen Schlachten begleitete, ist ein Preußen-Museum (siehe links im Bild) eröffnet worden. Dieses Museum unterscheidet sich von den allermeisten anderen Museen durch das kleine Wörtchen privat - es ist ein privates Museum.
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Eigentümer ist Ehrhardt Bödecker, der der zweitgrößte deutsche Privatbankier war. Vor 12 Jahren errichtete er für knapp sieben Millionen Mark dieses Museum. Hier bringt er seine Preußen-Verehrung zum Ausdruck und ruft damit unterschiedliche Meinungen hervor. (Links i.B.: Der Alte Fritz mit Vorfahren im Museum)
Bei meinem Rundgang durch die Museumsräume bin ich schon beeindruckt, was hier der Hobby-Historiker Bödecker in seinem Geschichtsmuseum, ohne fachliche Unterstützung nur auf sich allein gestellt, an Fakten zusammen getragen hat. Er präsentiert Preußens Leistungen auf den Gebieten Wissenschaft, Bildung, Rechtswesen, ein lohnender Diskurs. Wenn der Besucher allerdings bei der Aufzählung der Errungenschaften Preußens glaubt, dass sein kritischer Blick abhanden kommt, dann muss er sich nur an die literarischen Werke deutscher Schriftsteller wie Heinrich Heine oder Heinrich Mann erinnern. Denn Preußen samt dem alten Fritz – das ist bei weitem nicht nur eine Liebesgeschichte.
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www.resort-mark-brandenburg.de www.brandenburg-preussen-museum.de
(1) Die komplette Liste der Friedrich-Orte ist zu finden: www.kulturland-brandenburg.de „Orte Friedrich II – heute“
Text und Fotos: Ronald Keusch, Mai 2012
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