Sevcan Çerkez
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Ein guter Weg
Autorin: Heidi Trautmann
Da ist ein Haus in Ağirdağ , versteckt unter schönen alten Bäumen und bewacht von drei verspielten Hunden. In diesem Haus lebt eine grosse Familie, eine Gruppe von Menschen jeden Alters. Diese Menschen sind stumm, sie reden und bewegen sich nicht, ansonsten sind sie wie Du und ich.
Betritt man das Haus, von Sevcan hereingebeten, möchte man auf diese Leute, die über die Räume des Hauses verteilt sind, zugehen und ihnen die Hand schütteln; die Grossmutter möchte man umarmen und dem kleinen Bub über den Kopf streichen. Sie sind aus Ton geschaffen, in der natürlichen menschlichen Grösse, und sie sind alle so menschlich gezeichnet, dass man versucht ist, das Lächeln auf dem einen oder anderen Gesicht zu beantworten.
Fotos z.V.g. von Heidi Trautmann |
Sie sehen aus wie Menschen aus einem Märchen, in dem die böse Hexe sie durch einen Fluch in der augenblicklichen Stellung in Stein verwandelt hat, und nun warten sie auf die eine Person, die sie aufwecken wird.
Da drehe ich mich um und betrachte diese kleine zierliche Person namens Sevcan Çerkez, die diese Familiengruppe geschaffen hat. Ich berühre ihre Hände und sie sind gar nicht rauh wie das beim Arbeiten mit Ton leider üblich ist, wie ich aus eigener Erfahrung weiss; “ach, ich habe ständig die Cremedose in meiner Nähe.....!” Dies ein Auszug aus Eine menschliche Komödie , das in der englischen/türkischen Originalversion in meinem Buch „Art and Creativity in North Cyprus“ enthalten ist.
Ich pflege einen engen Kontakt zu meinen Künstlern und verfolge ihren Werdegang.
Zur Zeit ist Sevcan Çerkez in Kapstadt.
Über die Commonwealth Foundation bekam Sevcan eine Residenzstelle für drei Monate an der Universität von Kapstadt (ihre Arbeit kam auf den 6. Platz von insgesamt 430). Dort ist sie nun seit Januar 2010 und arbeitet mit anderen Künstlern in einer Keramikfabrik; Keramikfabrik deshalb, weil dort der einzige Brennofen steht, der ihre lebensgrossen Plastiken aufnehmen kann.
Sie arbeitet nicht nur an ihren eigenen Skulpturen für die Ausstellung im April, sondern auch auf das Ziel hin, den Bronzeguss und Wachsmodellieren zu erfahren und erlernen. Für Sevcan ist es das erste Mal, dass sie alleine so weit weg von zuhause ist. Aber unter Künstlern ist sie nicht alleine, sagte ich ihr bevor sie die Reise antrat. Künstler sprechen weltweit dieselbe Sprache, die Sprache des kreativen Schaffens.
Wir haben regelmässigen Kontakt über das Internet und so erfahre ich über ihre Erlebnisse und ihre Fortschritte. Sie hat inzwischen zwei Skulpturen fertig gestellt, ihre Modelle sınd afrikanische Frauen aus ihrer engsten Umgebung. In ihrem Studio, das sie sich in der Keramikfabrik geschaffen hat, hat sie Licht und Platz und es herrscht eine freundschaftliche Atmosphäre unter den Arbeiterinnen und Studenten.
Es werden Erfahrungen ausgetauscht, man schaut sich gegenseitig über die Schulter, man lernt über Traditionelles so neben der Arbeit; Sevcan hat nun schon den Ruf einer Wahrsagerin, da sie, wie in Zypern üblich, die Zukunft aus dem Kaffeesatz liest, und auf ihren türkischen Kaffee kann sie nicht verzichten. Auf diese Weise hat der türkische Kaffee und Sevcan neue Anhänger gefunden.
In ihrer arbeitsfreien Zeit besucht Sevcan Ausstellungen, wo sie den lokalen Künstlern vorgestellt wird. So hat eine Lisa Claassens, selbst Keramikkünstlerin, Sevcan für einen Workshop in ihr Studio eingeladen, um anderen Künstlern ihre Technik und Arbeitsweise zu zeigen. Auch hat sie Einladungen erhalten, Diavorträge über ihre Arbeit zu halten.
Unsere Sevcan aus Nordzypern ist sehr gefragt in Kapstadt. Freunde nehmen sie mit, Kapstadt und Umgebung zu erkunden. Sie ist sehr beeindruckt von Kapstadt und der Landschaft; sie lernt aber auch den sozialen Aspekt kennen, die grosse Schere zwischen Arm und Reich, die Unterschiede gibt es immer noch, teilweise sogar noch ärger als je zuvor. Wir warten nun alle gespannt auf den Höhepunkt ihres Kapstadtaufenthaltes, die grosse Ausstellung. Wir wünschen ihr Erfolg und Glück.